Das Thema „nachhaltige Beschaffung“ stellt Vergabestellen in Bundes- sowie Landesbehörden bereits vor echte Herausforderungen. Dies gilt umso mehr für Kommunen, die regelmäßig über deutlich weniger Ressourcen im Bereich der Vergabe verfügen. Wie umweltfreundliche und fair gehandelte Produkte bei Ausschreibungen durch die Kommunen in Baden-Württemberg verstärkt berücksichtigt werden können, erklärt ein neuer Leitfaden der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz des Landes Baden-Württemberg zur nachhaltigen, öffentlichen Beschaffung durch Kommunen.
Erstellt wurde der Leitfaden durch den Öko-Institut e.V., einen gemeinnützigen Verein mit über 2.500 Mitgliedern (hierunter bereits 27 Kommunen). Der Leitfaden ist Teil der Kommunalen Initiative Nachhaltigkeit des Landes. Er beschreibt die Schritte, die Behörden gehen können, um künftig Nachhaltigkeitskriterien und soziale Standards beim Einkauf von Produkten und Dienstleistungen umzusetzen.
„Ob Bürobedarf, Baumaterialien oder Kantinenbetrieb – der Einstieg in die nachhaltige Beschaffung ist leicht“, erklärt Jens Gröger, Projektleiter am Öko-Institut. „Der Leitfaden erläutert die vergaberechtlichen Möglichkeiten und gibt konkrete Hinweise, wie die Anforderungen an nachhaltige Produkte und Dienstleistungen formuliert werden müssen. Anhand von Praxisbeispielen aus Kommunen wird gezeigt, was alles machbar ist.“
Darüber hinaus wurden durch das Öko-Institut im Rahmen des Projektes fünf Wegweiser für die Produktgruppen
- Papier,
- Reinigungsdienstleistungen,
- Arbeitskleidung,
- Natursteine und
- Sportbälle
entwickelt, die beispielhaft Kriterien für Vergaben kommunaler Auftraggeber darstellen.
Nachhaltige Beschaffung in den Kommunen verankern
Neben anderen Bundesländern gilt Baden-Württemberg (laut Presseerklärung des Öko-Institut e.V.) als einer der Vorreiter auf dem Gebiet der nachhaltigen, öffentlichen Beschaffung. So werden in einer Nachhaltigkeitsstrategie Ziele festgeschrieben und konkrete Unterstützungsangebote für das nachhaltige Handeln auch von Kommunen etabliert. Die Entwicklung solcher Arbeitshilfen für den umwelt- und sozialverträglichen Einkauf kommunaler Behörden ist dabei ein Baustein.
Für die Umsetzung in der jeweiligen Kommune empfiehlt der Öko-Institut e.V. verschiedene Schritte: Hierzu gehören neben der Entwicklung eigener Leitbilder durch die Verantwortlichen (welche die Ziele für ein nachhaltiges Handeln festschreiben) auch ein Screening des eigenen Beschaffungsportfolios im Hinblick auf Verbesserungsmöglichkeiten im Sinne von Umwelt- und Sozialstandards sowie eine Priorisierung beginnend mit der Identifizierung der Beschaffungsgegenstände, die bezüglich einer Beschaffung nach Nachhaltigkeitskriterien einen besonders großen Effekt erzielen.
Konkrete Anleitung für eine nachhaltige Beschaffung
Bei vielen Produkten und Dienstleistungen kann die Entscheidung für eine nachhaltige Beschaffung bereits bei der Definition des Auftragsgegenstandes liegen. Als Beispiele werden genannt, dass bei der Beschaffung von Klopapier ausschließlich auf 100 Prozent Recyclingpapier gesetzt wird oder bei der Bestückung von Veranstaltungen nur Angebote für fair gehandelte und biologisch erzeugte Lebensmitteln angefragt werden.
Hierbei müssen für die Beschaffung konkrete ökologische und soziale Kriterien festgelegt werden. Ökologische Kriterien können (u.a.) sein: eine Begrenzung des bzw. Anforderungen an den Energieverbrauch, die Vermeidung von umwelt- oder gesundheitsgefährdenden Stoffen im Produkt oder bei der Herstellung, ein ressourcenschonender Materialeinsatz durch die Nutzung von Recyclingmaterialien sowie die Langlebigkeit der eingekauften Produkte.
Verschiedene Produkte (hervorgehoben werden z.B. Kaffee oder Sportbälle), erfordern — um dem Anspruch nachhaltigen Handelns gerecht zu werden — die Formulierung sozialer Kriterien. Hierzu gehören Mindestlöhne ebenso wie die regelmäßige Schulung von Mitarbeitern, das Einhalten von Tarifverträgen oder der ILO-Kernnormen.
(Quelle: Öko-Institut e.V.)
Lese-Tipp der cosinex!?
Angesichts der stetig steigenden Anforderungen an Mitarbeiter deutscher Vergabestellen und der Vielfalt an Themen, die im Rahmen der Beschaffung berücksichtigt werden sollen, fällt es schwer, einen Lese-Tipp zu geben. Nicht nur Dank der länderspezifischen Tariftreue- und Vergabegesetze, sondern auch im Hinblick auf die EU-Richtlinien führt aber wohl an den „Sekundärzielen“ (der Begriff der vergabefremden Aspekte scheint wohl nicht mehr zeitgemäß) des Öffentlichen Auftragswesens zukünftig kein Weg vorbei.
Die Broschüre bietet einen guten Einstieg und zeigt interessante kommunale Praxisbeispiele. Für alle Mitarbeiter kommunaler Vergabestellen, die nicht bereits vertieft in die Materie eingestiegen sind, eine sicher interessante Lektüre, auch außerhalb von Baden-Württemberg.
Weitere Informationen und Links
Den Leitfaden finden Sie unter diesem Link.
Die Internet-Adresse des Öko-Institut e.V. lautet: http://www.oeko.de/
Weitere Informationen des Bundesumweltamtes zur nachhaltigen Beschaffung gibt es unter: http://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/umweltfreundliche-beschaffung
Verwandte Beiträge