
In vier Jahren soll die „elektronische Rechnungsstellung„, das sog. E-Invoicing, bei öffentlichen Aufträgen von der Ausnahme zur Regel gemacht werden. Dies kann dem aktuellen „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen“ der EU-Kommission entnommen werden.
Mit ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 26.06.2013, begründet die Hüterin der Verträge ihren Vorschlag mit der bereits mehrfach betonten Notwendigkeit einer „durchgängig elektronischen Vergabe“ in der Europäischen Union.
Der geplante Rechtsakt, der entgegen den vorherigen Ankündigungen nun aber doch nicht in Form einer Verordnung, sondern als EU-Richtlinie entworfen wurde, soll Vergabestellen bzw. EU-Mitgliedsländer in die Lage versetzen, schnell die nötigen Maßnahmen zu schaffen, um die elektronische Rechnungsstellung zu nutzen.
Kernpunkte des EU-Richtlinienvorschlags zur elektronischen Rechnungsstellung (E-Invoicing) sowie der Mitteilung der Kommission
- Der Richtlinienvorschlag sieht die Ausarbeitung einer Norm für die Interoperabilität zwischen verschiedenen – vor allem nationalen Systemen der elektronischen Rechnungsstellung (E-Invoicing) – vor.
- Kernelement ist, dass Öffentliche Auftraggeber zukünftig elektronische Rechnungen nicht mehr ablehnen dürfen, wenn diese der durch die Europäische Normenorganisation CEN ausgearbeiteten Norm für das E-Invoicing genügen.
- Bis zum 30. Juni 2023 will die EU-Kommission die Auswirkungen der Richtlinie auf den europäischen Binnenmarkt prüfen und analysieren, wie sich die Nutzung der elektronischen Rechnungserstellung auswirkt, damit sie ihre Ergebnisse dem Europäischen Parlament und und dem EU-Rat zukommen lassen kann. Ggf. wird dann ein neuer Legislativvorschlag zu erarbeiten sein.
- Neue nationale Strategien sollen für eine „durchgängig elektronische Vergabe“ konzipiert werden.
- Best-Practice-Erfahrungen sollen verstärkt ausgetauscht sowie Initiativen zur Förderung des Umbaus zur papierlosen und elektronischen Öffentlichen Auftragsvergabe durchgeführt werden.
Über die Details der Umsetzung sollen die Mitgliedsstaaten aufgrund der Richtliniennatur selbst entscheiden dürfen.
Sofern der Vorschlag angenommen wird, würden alle Regelungen der vorgeschlagenen Richtlinie ab den EU-Schwellenwerten im Anwendungsbereich der Neufassung der Vergaberichtlinien „2004/17/EG“ sowie „2004/18/EG“ bzw. der Richtlinie „2009/81/EG“ gelten.
Erste Reaktionen auf den EU-Richtlinienvorschlag
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat mit einem Rundschreiben auf den Richtlinienvorschlag schriftlich reagiert: „Mit Blick auf die vorgeschlagene Verpflichtung öffentlicher Stellen, elektronische Rechnungen anzunehmen, die der beabsichtigten Norm entsprechen, ist eine sorgfältige Prüfung erforderlich (…)„, resümiert der BDI in seinem Rundschreiben.
Fraglich sei, ob
- die von der EU-Kommission vorgeschlagene Norm bereits hinreichend ist,
- der Zeitraum von vier Jahren für die Umsetzung genügt.
Demnächst werden weitere Stellungnahmen zu erwarten sein.
Für deutsche Vergabestellen bleibt beim sog. E-Invoicing die Frage, wie mit solchen elektronischen Rechnungen nach Maßgabe deutscher Vorgaben zur Revisionssicherheit einerseits und den eigenen Systemen zur Dokumentation von Vergabeverfahren umgegangen werden muss.
Links
Den „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen“ finden Sie hier.
Die „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Durchgängig elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung“ finden Sie hier.