CPV-Code

Im Rahmen eines Forschungsprojektes zum CPV-Code, u.a. in Zusammenarbeit mit der Ruhr Universität Bochum, befassen wir uns bereits seit einiger Zeit in unterschiedlichen Beiträgen in diesem Blog mit dem Einsatz des CPV-Codes, Verbesserungsmöglichkeiten und natürlich der Frage, wie wir Vergabestellen im Rahmen unserer Lösungen unterstützen können, schneller geeignete CPV-Codes zu finden und Unternehmen eine qualifiziertere „Treffermenge“ bei der Suche nach öffentlichen Aufträgen zu bieten.

Um die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zum tatsächlichen Nutzungsverhalten bei der Auswahl geeigneter CPV-Codes zu verifizieren (vgl. hierzu auch „Empirische Studie zur Verwendung des CPV-Codes“) und mehr über die Hintergründe zum Codierungsverhalten (d.h. der Auswahl der Codes) zu erfahren, wurde im Juli diesen Jahres eine Online-Umfrage unter den öffentlichen Auftraggebern bzw. Vergabestellen in Deutschland durchgeführt.

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Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Ergebnisse der Umfrage, die in gesonderten Auswertungen noch mit weiteren Ergebnissen unterschiedlicher – auch sprachwissenschaftlicher – Analysen verglichen werden.[1]

Befragungsrahmen

Mitte Juli wurden knapp 8.500 Vertreter von Vergabestellen, die EU-weite Vergabeverfahren in den letzten 24 Monaten durchgeführt haben, per E-Mail um eine Teilnahme an der Umfrage gebeten. Aufgrund der Urlaubssituation und Sommerferien bestand für insgesamt zwei Monate (also zwischen dem 14. Juli und dem 14. September) die Möglichkeit, an der Studie teilzunehmen. Mit deutlich über 300 Vergabestellen nahmen rund 4% der Befragten an der Online-Umfrage teil.

Teilnehmer

Als repräsentativ stellte sich neben der erfreulichen Teilnahmebereitschaft auch die Verteilung zwischen den einzelnen Bereichen bzw. „Arten“ öffentlicher Auftraggeber dar. Über 42% der Teilnehmer waren in kommunalen Vergabestellen tätig, 12,5% verteilten sich auf Vertreter der Länder bzw. der landesunmittelbaren Verwaltung, immerhin 10% waren für Sektorenauftraggeber tätig, die restlichen 35% verteilten sich auf Sozialversicherungsträger, Hochschulen sowie den Forschungsbereich, Vertreter von Vergabestellen des Bundes u.a. Mit immerhin 5% nahmen unter den „Sonstigen Vergabestellen“ auch Projektanten, also Rechtsanwälte, Architekten und Ingenieure teil, die im Auftrag öffentlicher Auftraggeber Ausschreibungen durchführen.

Struktur der teilnehmenden Vergabestelle

Von den Teilnehmern gaben rund 75% an, dass ihre Organisation über eine oder mehrere (z.B. getrennt nach Bau- und Liefer-/Dienstleistungen) zentrale Vergabestellen verfügt.

Ein guter Querschnitt ergab sich auch im Hinblick auf die Verteilung bezüglich der Zuständigkeitsbereiche bzw. der Märkte, in denen die zentralen Vergabestellen beschaffen. Rund 73% der Befragten gaben an, Aufträge sowohl im Liefer- und Dienstleistungs- als auch im Baubereich zu vergeben. Lediglich 2% der zentralen Vergabestellen vergeben nur bzw. überwiegend Hoch- und Ausbaugewerke und nur 1,3% vergeben ausschließlich im Bereich „Tiefbau“. Knapp ein Viertel der befragten zentralen Vergabestellen (23,5%) vergibt Aufträge ausschließlich im Liefer- und Dienstleistungs-Bereich (außer Bauleistungen).

Gefragt nach den Leistungsbereichen und Gewerken, in denen die meisten Ausschreibungen durchgeführt werden, gaben die Teilnehmer folgende Wirtschaftszweige an:

Rund 37% der Aufträge entfallen auf den Baubereich, mit etwa 15% folgt der Bereich der Informationstechnik, mit immerhin 6% der medizinische Bedarf bzw. Leistungen im Bereich der Gesundheitswirtschaft. Aber auch der ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) sowie eine Reihe anderer, z.T. „exotischer“ Leistungen (bis hin zur nuklearen Forschung) waren vertreten.

Zur Charakteristik der Verwendung von CPV-Codes

Viele der befragten Vergabestellen (36,9 %) suchen mithilfe der in den E-Vergabe-Lösungen (wie z.B. vergabe.NRW) bzw. in SIMAP integrierten Tools nach passenden CPV-Codes (hier insb. bei EU-weiten Ausschreibungen), gaben dabei jedoch an, auch zusätzliche Suchmittel zu benutzen: von eigenen Listen oder der offiziellen Excel-Liste der EU mit allen CPV-Codes über Internetrecherchen vergleichbarer Ausschreibungen bis hin zur CPV-Code Suchmaschine.

Rund ein Drittel antwortete, die passenden CPV-Codes mit Hilfe der CPV-Code Suchmaschine (cpvcode.de) zu ermitteln. Lediglich 21,5 % präferieren an der Stelle noch die Suche über eine durch die EU zur Verfügung gestellte Excel-Liste, meistens jedoch in Kombination mit anderen Methoden wie der CPV-Code Suchmaschine.

grafik_1_cpv-codes

Im nächsten Schritt wurde auf einer Skala von 1 bis 5 (1 = keine Bedeutung, 5 = sehr große Bedeutung) die Bedeutung der Auswahl des richtigen CPV-Codes im Sinne der Transparenz und einem möglichst optimalen Bieterkreis aus Sicht der Vergabestellen abgefragt.

Mit einem Durchschnittswert von 3,6 wird der Auswahl des richtigen CPV-Codes von den Befragten ein erfreulich hoher Wert beigemessen.

Besonders interessant erscheint auch das Codierungsverhalten im Hinblick auf die Anzahl der verwendeten CPV-Codes. Während die Auswahl eines Codes von der EU als Pflichtangabe vorgesehen ist, besteht die Möglichkeit, für eine Ausschreibung auch mehrere Codes auszuwählen, was eine präzisere Beschreibung des Auftragsgegenstandes ermöglicht.

Bei der Codierung des Auftragsgenstandes benutzen die meisten jeweils nur einen CPV-Eintrag (knapp 42 %), viele jedoch auch zwei (37,3 %). Nur wenige Vergabestellen machen sich dabei die Mühe, drei (12,7 %) oder mehrere zutreffende CPV-Codes auszuwählen (8,3 %).

grafik_2_cpv_codes

Gleichwohl achten die meisten öffentlichen Auftraggeber darauf, den CPV-Code im Sinne der Baumstruktur möglichst präzise auszuwählen (hier auf einer Skala zwischen 1 (eher allgemeine Codes (z.B. Bau)) und 6 (hoher Detaillierungsgrad)). Lediglich 5 % der Befragten wählen eher allgemeine Codierungen wie Bau (Bewertung 1 entsprach dem niedrigstem Detaillierungsgrad), 22,3 % achten darauf, die Detaillierung möglichst „tief“ auszuwählen (Bewertung 6 entsprach dem höchsten Detaillierungsgrad). Der Durchschnitt der Bewertungen liegt hier allerdings bei 4,3, was einem erhöhten Detaillierungsgrad entspricht und statistisch die Ergebnisse der vorherigen Frage zur Bedeutung des CPV-Codes bestätigt.

Bei der allgemeinen Frage, ob der CPV-Code optimierungsbedürftig ist, war sich eine (zu erwartende) Mehrheit von 70% einig, dass dies der Fall sei.

Grafik, wie viele Teilnehmer davon ausgehen, dass der CPV-Code überarbeitungswürdig ist.

Auf die Frage „Welche Änderungen sollten aus Ihrer Sicht in dem CPV-Code vorgenommen werden?“ waren knapp 55 % der Befragten der Meinung, die CPV-Nomenklatur sollte um Synonyme und gängige Begriffe erweitert werden. Knapp ein Drittel (31,3 %) der befragten Institutionen sind für eine Reduzierung, da diese aufgrund der zahlreichen detaillierten Ebenen unübersichtlich erscheint. Einige (rund 11%) sprachen sich für eine differenzierte Methode der Überarbeitung aus (da bei dieser Frage eine Mehrfachauswahl möglich war), d.h. z.B. sowohl für eine Anreicherung mit Synonymen, als auch für eine Reduzierung der Taxonomie. Jedoch vertreten auch knapp 10% der Befragten die Meinung, dass kein Bedarf an Überarbeitung des Klassifikationsstandards besteht. Allerdings kamen hier vielfältige Anregungen: von der kompletten Abschaffung über die Anpassung an eCl@ss bis hin zur Verbesserung der Suchfunktion.

Grafik, welche Überarbeitungen am CPV-Code vorgenommen werden sollten.

Ein Auszug der von den Vergabestellen genannten Begriffe, die (noch) nicht im CPV-Code enthalten sind, macht die Probleme in der Praxis deutlich:

Berufsorientierung, Abfallbeseitigung, Straßenbeleuchtung, Ingenieurleistungen, Notebooks, Tabletts, Softwarepflege oder Softwarewartung, Trockenbau, Smartphones und Handys, Gefahrguttransport, Schienenreinigung und Schienenreinigungsfahrzeuge, Polizeitechnik, (interaktive) Whiteboards sowie über 100 weitere gängige Leistungen und Gewerke, für die auch nach allgemeinem Verständnis ein CPV-Code erwartet werden kann.

Fazit

Anhand der Umfrage wird u.a. deutlich, dass zum Teil paradoxe Anforderungen an den CPV-Code gestellt werden: Während dieser heute bereits an vielen Stellen als zu detailliert wahrgenommen wird, werden zahlreiche z.T. sehr präzise Gewerke und Leistungen benannt, die nicht erfasst sind. Der Detaillierungsgrad vieler Begriffe macht deutlich, dass die gleichen Teilnehmer, die eine Reduzierung des CPV-Codes fordern, gleichzeitig eine weitere Detaillierung begrüßen würden. Hier auszugsweise einige Aussagen aus der Umfrage, die für eine Erweiterung des Detaillierungsgrades sprechen [2].

„Dienstleistungen in verschiedenen Segmenten wie Ingenieursleistungen zur Bodenuntersuchung und Wasserschutzthemen fehlen.“

„Die Bezeichnungen der Geräte für Forschung und Lehre, die zum Teil speziell hierfür hergestellt werden und auf dem freien Markt in dieser Form nicht oder noch nicht existieren, fehlen.“

„Die CPV-Codes sind sehr an den klassischen Wirtschaftsbereichen orientiert. Der gesamte Umweltwirtschaftsbereich kommt nur in Ansätzen oder gar nicht vor. Hier liegt aber unser Hauptbedarf.“

Auf der anderen Seite wirkt die Nomenklatur aufgrund des hohen Detailierungsgrades abschreckend unübersichtlich .Hier ebenfalls ein Auszug der Umfrage:

„Ich habe mich schon oft lange und umständlich durch den Datenbaum geklickt, um den richtigen Code zu finden.“

„Der Detailierungsgrad der CPV-Codes ist z. T, unberechtigt. Es existieren enorm viele Begriffe, die gefühlt in der Praxis eher keinen Anwendung finden.“

Darüber hinaus wird im Rahmen der Antworten auch allgemeine Kritik im Hinblick auf die Logik der Zuordnung der Begriffe, die damit zusammenhängende Auffindbarkeit der passenden CPV-Codes, die Nichtberücksichtigung spezieller Bereiche der Forschung sowie umstrittene Begriffswahlen vertreten:

„Die Medizintechnik ist unsinnig codiert, teilweise doppelt oder widersprüchlich. Eine Logik in der Aufstellung der CPV Codes ist für den Bereich des Gesundheitswesens nicht zu erkennen.“

„Z.B. bei der Konfektionierung und dem Versand (Post- und Paketdienstleistungen) ist es häufig schwer zu sagen, welcher Bestandteil der wichtigste ist. Eine eindeutigere Benennung muss her.“

„Im Baubereich orientieren sich die Bezeichnungen der Gewerke meist nach den Titeln der entsprechenden DIN-Vorschriften, VOB Teil C. Diese Begriffe sind nicht unbedingt identisch mit den Titeln der CPV-Codes, das könnte man m. E. verbessern.“

Die Frage nach der geeigneten Segmentierung (respektive: Taxonomie) der Nomenklatur stellt ebenfalls eine bedeutende Herausforderung dar. Die Entscheidung darüber, ob CPV-Baum-Zweige eher erweitert oder vermindert werden sollen, ist weiterhin komplex. Eine entsprechende Erweiterung würde zwar den Detaillierungsgrad tendenziell erhöhen und somit mehr (Auswahl-)Möglichkeiten bieten, auf der anderen Seite geschähe dies auf Kosten der Übersichtlichkeit sowie der Nutzerfreundlichkeit des Klassifikationsstandards. Somit wäre eine Erweiterung der Taxonomie aus folgenden Gründen schwierig:

  1. Es besteht die Gefahr, den CPV-Code, der bereits knapp 9.500 Codes beinhaltet, unnötig überzustrukturieren. D.h. die Übersichtlichkeit könnte verloren gehen, da dies die Orientierung innerhalb der bestehenden Begriffe zusätzlich erschwert und unter Umständen einer längeren Recherche bedarf.
  2. Die Erwartungshaltung, alle Beschaffungsbereiche in einem gleichmäßigen Detaillierungsgrad angemessen abzudecken, scheint angesichts der Heterogenität der Vergabestellen und ihrer Bedarfe kaum mit vertretbarem Aufwand erfüllbar. Ansonsten existierte längst ein universeller Klassifikationsstandard (UKS[3]).

Die oben dargestellten Umfrage-Ergebnisse werden auch als Grundlage für den weiteren Ausbau der CPV-Code Suchmaschine genutzt, der laut obiger Umfrage heute bereits eine erfreuliche Verbreitung aufweist.

So wird die kommende Version 1.1 der CPV-Code Suchmaschine die Möglichkeit bieten, auch Synonyme (im ersten Schritt für die gängigsten CPV-Codes) in die Suche miteinzubeziehen.

Die am häufigsten benutzten CPV-Codes wurden im Rahmen einer weiterführenden Untersuchung als Inaugural-Dissertation ermittelt, in der stichprobenartig auch ein Länder- und Sprachvergleich mit einem Betrachtungs- und Auswertungszeitraum EU-weiter Bekanntmachungen der letzten 5 Jahre durchgeführt wurde.

Die neue Version der Suchmaschine soll bereits Anfang kommenden Jahres an den Start gehen.

Fußnoten

[1] Die vorgelegten Ergebnisse sind Bestandteil einer wissenschaftlichen Arbeit (Inaugural-Dissertation) im Rahmen des Forschungsprojektes. Alle Rechte sind vorbehalten. Eine Weiterverwendung – auch auszugsweise – ist daher nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung der Verfasserin erlaubt.

[2] Alle Aussagen werden originalgetreu aus der Umfrage übernommen, ohne dass Syntax oder Grammatik korrigiert werden.

[3] Unter UKS wird laut Dahlberg, I. ein Universales Klassifikationssystem verstanden. Vgl. Dahlberg, I. Gestaltungsprinzipien und Anforderungskatalog für ein neues Universales Ordnungssystem. In: Gödert, W. / Jaenecke, P./ Schmitz-Esser, W. (Hrsg.) (1992): Kognitive Ansätze zum Ordnen und Darstellen von Wissen. S. 98-99.

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