Digitale Signatur Unterschrift

Gerade wenn elektronische und parallel auch noch postalische Angebote zugelassen werden, greifen die meisten Vergabestellen auf die einheitlichen Formulare bzw. Vergabehandbücher zurück, die für elektronische wie postalische Angebotsabgaben Vorlagen für Vergabestellen und Bieter enthalten. Zudem besteht im Rahmen der landesspezifischen Vorgaben der Tariftreue- und Vergabegesetze der Bundesländer für Eigenerklärungen regelmäßig  eine Reihe von Formularen, für die eine „eigenhändige Unterschrift“ vorgesehen ist.

Keinen Beitrag mehr verpassen? Jetzt für unseren Newsletter anmelden und Themen auswählen

Ihre Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Ihre Anmeldung war erfolgreich.

Diese Formulare – wie etwa ein vorgegebenes Angebotsschreiben oder die abzugebenden Eigenerklärungen – sehen meist entsprechende Unterschriftsfelder vor, die im Zuge der Angebotsabgabe von den Bietern mit einer Unterschrift versehen werden müssen. Der vorliegende Beitrag befasst sich aus Sicht der Vergabestelle mit der Frage, ob bei elektronischen Angeboten die Unterschrift (respektive: Signatur) auf bzw. in die einzelnen Formulare kommen muss und welche Ansätze im Bereich der E-Vergabe hierzu heute generell sowie im Rahmen unserer Lösungen zur Verfügung stehen.

Dokumentensignatur oder Containersignatur

Während bei postalisch übermittelten Angeboten im Regelfall entsprechende Formulare mit Unterschriftsfeldern vorgeben, welche Teile eines Angebotes unterschrieben werden müssen, stellt sich dies bei elektronischen Angeboten abweichend dar. Abhängig von der eingesetzten E‑Vergabeplattform gibt es in der Praxis zur Zeit zwei Varianten:

Var. 1) Dokumentensignatur („Willenserklärung“ je Datei)

Im Fall der sog. Dokumentensignatur wird ein einzelnes Dokument, d.h. eine einzelne Datei mit einer Signatur versehen. In dieser Variante muss vorgegeben werden, welche Dokumente vom Bieter zu signieren sind.

Var. 2) Containersignatur („Willenserklärung“ je Angebot)

Anders stellt sich der Fall der sog. Containersignatur dar: Hier werden nicht die einzelnen Dateien des Angebotes mit einer elektronischen Signatur versehen, sondern alle Bestandteile des Angebotes (im Rahmen eines „Angebotscontainers“).

Zulässigkeit der Containersignatur

Die Formvorgaben für elektronische Angebote entsprechen in weiten Teilen denen der §§ 126a BGB bzw. 130a Abs. 1 ZPO. Eine wesentliche Besonderheit stellt die Möglichkeit dar, neben einer qualifizierten elektronischen Signatur auch den Einsatz einer fortgeschrittenen elektronische Signatur genügen zu lassen.

Insbesondere im Zusammenhang mit den Formulierungen des § 126 Abs. 1 BGB spricht einiges dafür, anzunehmen, dass die eigenhändige Unterschrift in Schriftform (nach § 126 BGB) durch die elektronische Signatur nur dann erfolgt, wenn jede Datei einzeln signiert wurde. Dass dies nicht den Anforderungen der Praxis entspricht, wurde inzwischen auch höchstrichterlich anerkannt. So hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 18. Oktober 2006 (XI R 22/06) die Wirksamkeit von allen in der übermittelten Nachricht zusammengefassten Dokumenten angenommen, wenn diese Nachricht mit einer (gültigen) „Containersignatur“ versehen ist, da der Sinnzusammenhang zwischen Text und Unterschrift gewahrt bleibe. Noch deutlicher fällt eine Entscheidung des BGH in einem Urteil vom 14. Mai 2013 (VI ZB 7/13) mit folgendem Leitsatz aus: Die im EGVP-Verfahren (Anm.: elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach) eingesetzte qualifizierte Container-Signatur genügt den Anforderungen des § 130a ZPO.

Dementsprechend wurden klarstellende Hinweise zum Teil bereits auch in die Vergabehandbücher und Vorgaben einzelner Vergabestellen aufgenommen. So sieht etwa das Vergabehandbuch des Landes Nordrhein-Westfalen (VHB-VOL NRW) in den Hinweisen zur Form der Angebotsabgabe an die Unternehmen (Vordruck VOL 5a, Stand Juli 2015) vor, dass „die fortgeschrittene bzw. qualifizierte elektronische Signatur das Angebot und alle damit eingereichten Unterlagen umfasst“.

Container- oder Dokumentensignatur

Bei einer Abwägung der Vor- und Nachteile der beiden Varianten fallen die Vorteile der Containersignatur gewichtig aus. So entfällt praktisch der Fall, dass bei einzelnen Angebotsteilen oder Eigenerklärungen Unterschriften vergessen werden. Ebenfalls bedeutend sind die Fälle, die bei Dokumentensignaturen auftreten können und in der Rechtsprechung auch noch weitgehend ungeklärt sind: Wird ein Angebot bestehend aus mehreren (signierten) Dateien abgegeben und die Dateien werden mit unterschiedlichen Signaturen versehen, von denen einige gültig, andere u.U. ungültig sind, muss entschieden werden, wie mit diesen Angeboten umzugehen ist. Genauso verhält es sich, wenn der Bieter eine gültige elektr. Signatur an die zu signierende Datei angebracht hat, jedoch nicht in der Form (z.B. bestimmtes Feld in einem PDF-Dokument), welche von der Vergabestelle eigentlich vorgesehen war, z.B. weil das eingesetzte „PDF-Tool“ des Bieters dieses Feld als solches nicht erkannt hat.

Ansatz der cosinex

Die elektronische Angebotsabgabe bzw. Entgegennahme elektronischer Angebote wird in unserer Produktfamilie im Bereich des Öffentlichen Auftragswesens durch die Lösung Vergabemarktplatz unterstützt, die die technische Basis für viele E-Vergabeplattformen in Deutschland darstellt.

Um vom Rechner des Bieters bis zur Angebotsöffnung bzw. Submission durch die Vergabestelle eine sichere Ende-zu-Ende Verschlüsselung der Angebote zu ermöglichen und dem Bieter die Gelegenheit zu geben, sein Angebot auch „Offline“ zu bearbeiten, wird ein sog. cosinex Bietertool zur Verfügung gestellt, welches den Bieter neben der Verschlüsselung auch dabei unterstützt, einen „Angebotscontainer“ zusammenzustellen und diesen entsprechend zu signieren.

Möchte eine Vergabestelle darüber hinaus gehen und strengere Anforderungen stellen, ist auch dies nicht ausgeschlossen. So ist es mit diesem Ansatz zudem möglich, einzelne Dokumente – wie etwa im Fall einer Bewerbergemeinschaft – zusätzlich zu signieren. Wenn und soweit von der Vergabestelle entsprechende Vorgaben gemacht werden (also kein „alleinvertretungsberechtigtes Mitglied einer Bietergemeinschaft“ besteht) und die Angebote durch alle Mitglieder einer Bietergemeinschaft zu unterzeichnen sind, können selbstverständlich einzelne Dokumente mit Hilfe entsprechender Tools signiert und diese dem Angebotscontainer hinzugefügt werden.

Unser Praxistipp für Vergabestellen

Der Einsatz der Containersignatur ist für Vergabestellen wie Bieter ein komfortabler und sicherer Weg zur Angebotsabgabe und mit einer möglichst hohen Verbindlichkeit auch bezogen auf weitere Angebotsbestandteile oder übersandte Eigenerklärungen. Selbstverständlich kann jede Vergabestelle weitergehende Anforderungen an die Signatur formulieren, in der Praxis sollte jedoch im Einzelfall geprüft werden, ob dies sinnvoll und erforderlich ist und nicht nur eine weitere Fehlerquelle für die elektronische Angebotsabgabe darstellt. Gerade für diese Fälle sollten den Bewerbern im Rahmen der Bekanntmachung, spätestens jedoch in den Vergabeunterlagen, eindeutige und nachvollziehbare Hinweise gegeben werden, welche Dateien (Formulare) in welchen Fällen zusätzlich zu signieren sind.

Ausblick Vergaberechtsreform

Vieles spricht dafür, dass mit der anstehenden Vergaberechtsreform und der Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinien der Einsatz einer fortgeschrittenen oder qualifizierten elektronischen Signatur jedenfalls nicht mehr zwingend vorgeschrieben und den Vergabestellen die Möglichkeit eingeräumt wird, auch bei förmlichen Vergabeverfahren Angebote in Textform (entsprechend § 126a BGB) zuzulassen. Das wiederum bedeutet, dass eine „einfache elektronische Signatur“ genügen könnte.